Wege aus der Krise: Wie gehe ich mit meinem inneren Kritiker und meinen Emotionen um?

Ein Interview mit Dr. Zarmina Penner

Hallo Zarmina, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst. Wir wollen heute eine typische Coachingsitzung simulieren. Ich möchte wissen, was ich tun könnte, wenn ich selbst theoretisch in einer kleinen Krise wäre.

Ich bin zum Beispiel in der Situation, dass ich bisher immer ein bestimmtes Ziel vor Augen hatte. Sei es einmal das Abitur zu machen, einen Studienplatz zu finden, ein Auslandsjahr zu machen und dann natürlich das Studium abzuschließen und einen Beruf zu finden. Es gab immer einen nächsten Meilenstein, den ich vor Augen hatte und so wusste ich immer, was zu tun ist. Und jetzt bin ich in diesem Berufsleben angekommen und es hat sich langsam eine Routine eingestellt. Ich bin ganz erfolgreich, aber irgendwie kommt so langsam der Gedanke: "War's das jetzt?" Kennst du so eine Situation? Oder ist so etwas „normal“? Kommt so etwas öfter vor?

Ja, und das passiert heute häufiger als früher. Viel mehr Menschen stellen sich die Sinnfrage. Das ist eine gute Entwicklung. Wahrscheinlich ausgelöst durch Covid.

Ich beginne jeden Fall auf die gleiche Weise, ohne mich vom Inhalt des Falles leiten zu lassen. Zuerst möchte ich die zu coachende Person kennenlernen und Daten sammeln, um mir ein umfassendes Bild von ihr und ihrer Situation zu machen. Später, im Gespräch, entwickle ich meine Gedanken und Empfehlungen, um zu sehen, wohin die Reise für die Person gehen könnte. Dies kann nur im Dialog geschehen, denn die Person ist der Mitgestalter.

Bei einem „Quick Check“ verschicke ich per E-Mail eine Reihe von umfangreichen Fragebögen und Tests, die ausgefüllt werden müssen.  Ich möchte zum Beispiel wissen: „Was erwartest du von mir und von diesem Coaching? Welche offenen Fragen hast du zu deiner Situation?“ Aber auch Fragen zu wiederkehrenden Konflikten oder zur Kindheit und Sozialisation. Die Antworten auf all diese Fragen brauche ich für meine Auswertung.

Und bevor wir über all diese Informationen und die nächsten Schritte im Detail nachdenken und diskutieren, geht es mir vor allem um die Frage: „Was ist in diesem Fall der größte Hebel, was bringt uns am besten und am schnellsten weiter?“ Den gibt es immer.

Der größte Hebel kann zum Beispiel sein, mit dem eigenen Ego besser umzugehen.

Das Ego kann alle möglichen Probleme schaffen, die eigentlich gar keine sind. Das Ego äußert sich durch die Stimmen im Kopf, die einem sagen: „Du bist zu nichts nütze“, „Du schaffst das nicht“, „Du hast kein Ziel vor Augen“ etc.

Wege, um mit dem Ego umzugehen

Ja, das kenne ich bei mir auch. Das sind immer diese vermeintlichen Verurteilungen, die ich von anderen erwarte. Ich lasse mich von etwas abhalten, nur weil ich denke: „Wie sieht das denn aus?“ Also, das Ego ist nicht nur übermäßiger Hochmut, sondern auch, sich nicht überwinden zu wollen. Vielleicht auch so etwas wie falscher Stolz.

Ja, das Ego hat viele Stimmen, aber eine, die immer da ist, ist die Stimme des Kritikers. Und diese wird in der Kindheit geprägt. Wenn du immer ein Ziel vor Augen hattest, immer eine Schablone, immer eine Struktur, dann wird sich die kritische Stimme daran festklammern und sagen: „Wo ist dies und wo ist jenes und hast du darüber gut nachgedacht? Du kannst doch nicht einfach loslegen, ohne genaue Fakten und Daten zu haben." Das ist dann die Stimme des Egos und diese Stimme kann mehr oder weniger kritisch sein, aber sie ist immer da. Der Ausweg besteht darin, sich mit dieser störenden und „feindseligen“ Stimme auseinanderzusetzen, sie zu verstehen und sie zu einem Verbündeten zu entwickeln.

Der innere Kritiker darf nicht nur ein Funkgerät im Hintergrund sein, das einem die Laune verdirbt, sondern man muss sich die Zeit nehmen, genau auf diese Stimme zu hören. Das geht durch Meditation, die für mich etwas sehr Praktisches ist. Es ist hilfreich, eine Routine dafür zu entwickeln, sich hinzusetzen, die Augen zu schließen und sich mit seiner inneren Welt zu beschäftigen. Sonst sucht man die Antwort im Außen. Man liest Bücher, führt Gespräche usw. und vergisst dabei, dass die besten Hinweise von innen kommen, wenn man einmal Herr über die kritische Stimme geworden ist.

Auch in deinem Fall würde ich zunächst sagen, lass uns hören, was die Stimme deines Egos dazu sagt. Was ist das für eine Kritik, die da kommt? Und gibt es vielleicht auch nützliche Hinweise? Dann würde ich vorschlagen, dass du dir eine kleine tägliche Routine aufbaust, wo du auch aufschreibst (Journaling), was die Stimme sagt. Dadurch, dass du der Stimme bewusst Aufmerksamkeit schenkst, fühlt sie sich angenommen und wird immer leiser. Du zeigst damit, dass du ihr zuhörst, aber dass du die Führung übernommen hast. Die Stimme führt dich nicht mehr, sondern du führst die Stimme. Es ist, als wäre die Stimme ein Teil deines inneren Teams, wie ein Mitarbeiter, der es gut meint, aber nicht genau weiß, wie er es sagen soll. Und langsam kannst du dann die Hinweise aufnehmen, ohne dich davon aufhalten zu lassen. Das ist das eine.

Wie alt ist Dein inneres Kind?

Der andere Faktor, der das Vorankommen im Alltag erschweren kann, ist das innere Kind. Es sorgt für die Emotionalität bei einem Thema. Aus deinen Angaben würde ich gerne wissen, wie deine Kindheit war. Angenommen, du hattest eine gute Kindheit. Dann ist dein inneres Kind vielleicht nicht so klein. Frage: Wie klein ist dein inneres Kind? Hör einfach spontan zu.

Ganz spontan: Es ist ein Teenager.

Ein Teenager? Okay. Also sagen wir, es ist ein Mädchen von 14, 15 Jahren, also Verena mit 14/15. Dein innerer Teenager erzeugt die Emotionalität bei deinem Thema. Wenn du getriggert wirst, trifft der Trigger deinen inneren Teenager und er reagiert emotional entsprechend seiner Entwicklungsstufe.

In der Meditation kannst du deine Aufmerksamkeit auch auf dein inneres Kind, in deinem Fall den Teenager, richten. Mein Ansatz in der Meditation ist, dass du deine heilende Aufmerksamkeit in drei Schritten lenkst: 1-2-3. Zuerst Kopf (1), dann Körper (2), dann Herz (3).

Zuerst höre in den Kopf hinein, was das Ego macht, dann spüre in den Körper hinein, wo habe ich Schmerzen oder Verspannungen? Gibt es etwas aus der Vergangenheit, das dir noch weh tut. Und dann gehe zum Herzen und spreche als Erstes das innere Kind an und sage: „Wie geht es dir? Was möchtest du tun oder was möchten wir gemeinsam tun? Worauf hast du Lust?“ Bei einem Jugendlichen kannst du auch sagen: „Ich bin bei dir und ich gestalte dein Leben mit dir, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Du bist nicht allein." Und du hörst dem inneren Kind zu. Vielleicht muss sich das Kind erst einmal äußern, spielen, was auch immer, und irgendwann wird das auch ein Teil deiner inneren Berater, deines inneren Teams. Und so kannst du mit der Emotionalität des inneren Kindes umgehen und es entwickeln.

Das ist die Basis, um emotional mit sich klarzukommen. Um dann in Ruhe weitergehen zu können und deinen Weg und deine nächsten Schritte zu finden. Ich würde dann schauen: Wie ist deine Persönlichkeit? Wie ist dein Charakter? Wie ist dein Ruf, wie sehen dich andere? Ich verwende Modelle, um herauszufinden, wo deine Talente liegen und was für dich im nächsten Schritt förderlich wäre.

Frage Dich: Was kann ich tun, damit mich die Menschen besser verstehen können?

Ich habe eine Frage zum Thema Reputation: woher weiß ich denn, was die anderen denken? Und inwiefern spielt das denn überhaupt eine Rolle?

Der Ruf ist das Wichtigste im Beruf. Andere machen sich schnell ein Bild von dir. Wie du wirklich bist, was du Gutes im Sinn hast und tust, das sehen sie nicht. Der Ruf entscheidet über Erfolg und Misserfolg. Und den Ruf muss man sich genau ansehen. Du kannst deine Freunde fragen, du kannst aber auch in dich hineinhorchen und dich fragen: Wie sehen mich die Leute, die mich nicht mögen? Du kannst dir anschauen, wenn du angestellt warst, wie du regelmäßig beurteilt wurdest. Welche Rückmeldungen hast du immer bekommen? Dann ergibt sich ein Bild, mehr musst du nicht wissen. Wichtig ist nur, dass du ehrlich zu dir selbst bist und auch kritische Beurteilungen akzeptierst. Du kannst deinen Ruf ändern, indem du dein Verhalten korrigierst. Wie willst du gesehen werden? Und was hat dein Image gestört oder stört es immer noch?

Bei mir war es zum Beispiel, dass ich sehr direkt bin und wichtige Einsichten nicht sanft genug kommuniziert habe. Es gab immer Menschen in meinem Leben, die ich unbeabsichtigt beleidigt habe, und ich habe Brücken verbrannt, sodass ich nicht mehr zurückkommen konnte. Das war eine wichtige Erkenntnis für mich.

Man hat schon ein Gespür für den eigenen Ruf, wenn man genauer hinschaut und nachdenkt. Uns interessiert, was macht dein Spiel kaputt? Wo machst du selbst etwas, was die anderen falsch verstehen und wie kannst du dein Verhalten korrigieren. Bei mir war es so, dass ich mir beigebracht habe, mehr zu lächeln, mich mehr zurückzunehmen und zu schauen, ob der andere meine Direktheit überhaupt annehmen kann oder nicht. Das hat schon etwas verändert. Leute, die mich nicht kennen, haben ein wenig Scheu, wenn ich nicht lächle. Ich habe mit meinem Verhalten daran gearbeitet, weil die anderen ja nur mein Verhalten sehen. Sie wissen nicht, was in mir vorgeht und wie ich Dinge meine. Und das Problem entsteht, wenn die Fremdeinschätzung und die Selbsteinschätzung auseinanderklaffen. Dann kommt es zu Missverständnissen und Konflikten.

Deshalb muss man sich der Außenwelt so präsentieren, dass man von ihr leichter verstanden wird. So entsteht Reputation. Früher habe ich gesagt: Das ist mir egal, ich bin so, wie ich bin. Aber das kann nicht sein. Wenn du in Gruppen von Menschen agieren willst – und das tust du, wenn du professionell arbeitest – musst du sehr darauf achten, wie du wirkst und wie dein Verhalten wahrgenommen wird. Das ist nicht egal.

Was ist der Quick Check?

Persönlichkeit, Charakter, Reputation und wie weit bin ich von dem entfernt, was ich wirklich bin, sind bereits Teil des Quick Checks. Im Quick Check gibt es drei Gespräche, in denen ich neben dem Feedback auch Fragen beantworte. Wenn die Zeit reicht, würde ich dann mit dir einen groben Plan machen, wie du deinen Alltag für dich gestalten kannst, also Routinen schaffen kannst. Denn Routinen im Alltag halten alles zusammen. Und einen Plan machen, der deine Talente, deine Fähigkeiten und deine Leidenschaft mit dem verbindet, was der Markt bezahlt. Wenn das klar ist, wissen wir, wohin du als Nächstes gehen solltest.

Also ich komme dann zu dir, wenn ich das Gefühl, ich habe gerade meinen inneren Kompass verloren und habe kein nächstes Ziel vor Augen. Und dann stellen wir erst mal diese Alltagsroutine her. Ist das dann immer noch der Bereich, wo ich mich erst erde, oder fange ich da schon an, wieder eine neue Richtung für mich zu finden?

Meine Aufgabe ist es, dich zu dir selbst zu bringen, damit du meine Hilfe nicht mehr brauchst und deine Fragen von innen heraus beantworten kannst. Ich sage dir, das und das bist du, das bist du nicht, und ich gebe dir Routinen, die dich geerdet halten. In den Routinen kannst du dich auch weiterentwickeln.

Das ist alles Teil des Quick Checks. Aber du hättest schon eine ungefähre Antwort bekommen, in welche Richtung du Potenzial hast. Sonst hätte ich meine Aufgabe nicht erfüllt. Aber zuerst, wie gesagt, möchte ich an der Emotionalität ansetzen, weil die Emotionalität den Fortschritt blockiert.

Wenn man noch mehr investieren möchte, würde ich das Systematische Personal Coaching empfehlen. Das sind fünf Gespräche à 1,5 Stunden und danach sind keine Fragen mehr offen. Ich würde sagen, der Quick Check ist gut, um abgeholt zu werden und eine Ausrichtung zu bekommen. Und dann wäre es am besten, wenn die Person, die den Quick Check gemacht hat, alle zwei oder drei Monate wiederkommt und ein bisschen „Handholding“ erhält, weil sicherlich neue Fragen auftauchen werden. Das wäre der optimale Weg, wenn man das kosteneffizient gestalten will.

Vielen lieben Dank, Zarmina

Wenn Du Zarmina kennen lernen möchtest oder auch ihren Quick Check, dann schau gerne mal vorbei bei

Hier geht es direkt zu Zaminas Profil

Hier geht es zum Quick Check mit Zamina